Das Theater ist der Ort des Spiels, in alle
Richtungen.
Stühle können sprechen und laufen über die Bühne, die
Prinzessin fliegt von oben wie selbstverständlich ein, Städte und Häuser drehen sich und stürzen mit Pauken und Trompeten zusammen, wenn es dem Publikum gefallen soll.
Hüte groß wie Wagenräder, Ohren wie ein Esel oder ein
Schafskopf- alles kein Problem. Die Menschen im Theater können das, alles. Große Kunst und großes Handwerk gehen Hand in Hand. Seit Jahrtausenden begeistern die Theatermenschen die Zuschauer
immer wieder mit Neuem.
Die Faszination der künstlerischen und
künstlerisch-technischen Berufe ist nach wie vor ungebrochen. Wer einmal den Weg ans Theater gefunden hat oder bei einem Praktikum Theaterluft schnuppern durfte, ist nicht selten vom Theater
infiziert, oft ein Berufsleben lang.
Menschen bilden bedeutet nicht, ein Gefäß zu füllen, sondern ein Feuer zu entfachen.
Aristophanes (um 450 - 385 v. Chr.), griechischer Philosoph und Lustspieldichter
Wir alle kennen Zitate der griechischen Philosophen und
Dichter. Ob Aristophanes, der Dichter oder Aristoteles, Sokrates oder Seneca, die Philosophen. Die Namen sind geläufig und schmücken die Zitierenden wegen ihrer die Zeiten überdauernden
Wahrheiten.
Warum haben 3000 Jahre nach der Hochzeit der Antike jene
Philosophen so große Bedeutung? Weil sie recht haben, natürlich!
Aber auch weil das Streben nach Weisheit in der Gesellschaft
der Antike das höchste Anerkennung fand und es zu diesen Zeiten selbstverständlich war, dass man sich in einer der Denkschulen dieser Philosophen ausbilden ließ.
Unsere Epoche wird mit seinen vielen Regeln und Richtlinien
wahrscheinlich als Zeitalter der bürokratischen Ökonomie oder als Ölzeitalter, aufgrund seiner multiplen Verwendungen vom Energieträger zur Microfaser, tituliert werden.
Das Theater ist nicht nur Brückenschlag zur Antike und zum
Streben nach Weisheit, es ist auch erfreulich widerspenstige Gedankenburg gegen Gleichmacherei und Effizienz. Hier darf nicht nur, hier muss gespielt werden.
Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.
Schiller Über die ästhetische Erziehung des Menschen
Wer Philosophen will, wird Philosophen ausbilden oder den
Grundstein legen, dass frei gedacht und spielerisch Phantasiewelten entstehen dürfen. Das Streben nach Weisheit ist auch mit dem Streben nach Glück verbunden.
Es gilt vielleicht: Wer Fachkräfte im Theater benötigt muss
die Strukturen in die Lebenswelt des Ensemblekunst- Hauses Theater tragen und Entwicklungen der Zukunft so aufnehmen, dass flexible Lösungsansätze und Richtungsweisungen auch bei veränderten
technischen Möglichkeiten einfach in die Arbeitsweisen zu integrieren sind und die Menschen an den Entwicklungen proaktiv beteiligen. Beteiligung ist die einfachste und wirkungsvollste Form der
Wertschätzung der Menschen in Arbeitsprozessen.So hört es sich natürlich etwas technischer an!
Am Anfang steht das Bekenntnis.
Es ist kein Zufall, dass das Theater mit seinen spielerischen
Möglichkeiten genau zu dieser Zeit entstand und seither jede Entwicklung von der Kerze zum LED und von der Holzrolle zur modernen Bühnenmaschinerie aufgenommen und weiterentwickelt
hat.
Das Theater entsteht aus dem gemeinsamen wirken
unterschiedlichster Kräfte und der Aufwand kann von einer Schauspielerin auf einen Stuhl mit einer Kerze auf dem Tisch bis zu kreischenden Eisenbahnloren in mächtigen Industriehallen mit
ausgefallener Beleuchtung alles enthalten.
Allein, der Unterschied macht es. Es geht immer um Kunst und
besondere Ereignisse. Jeder Aufwand ist absolut gerechtfertigt, wenn das große Experiment gelingt.
Lernen besteht in einem Erinnern von Informationen, die bereits seit Generationen in der Seele des Menschen wohnen.
Sokrates (470 - 399 v. Chr.), griechischer Philosoph
Wer die besondere Atmosphäre aus Spannung und Konzentration
im Theater an einem Premierentag erlebt hat , weiß von wovon ich spreche. Kein noch so kleines Rädchen darf versagen und von der Sopranistin bis zum Helfer, der im richtigen Moment die Tür
aufhält sind alle Teil des Kunstwerks und haben kurz vor ihrem Einsatz das gleiche Lampenfieber.
Was aber macht das Theater zu diesem besonderen Ort, der ein
Berufsleben lang für Menschen attraktiv und erfüllend sein kann?
Der Mensch steht im Mittelpunkt. So einfach kann man es
benennen. In einer sich ständig verändernden und digitalisierten Welt ist das Theater mit seinem Gemeinschaftserlebnis der letzte analoge Marktplatz der Moderne.
Man bedient sich in den vielen unterschiedlichen Berufen um
die künstlerische Gestaltung eines Ereignisses einer großen Gemeinschaft, des Ensembles.
Die große Gruppe von Menschen trifft sich eigens für ein
friedliches Werk mit klarer Zielsetzung: zu begeistern.
Wie kann das gelingen, wenn altes Handwerk auf neue Technik
trifft? Sehr einfach, indem man denn Mut aufbringt die Dinge miteinander zu kombinieren und Gestaltungsmöglichkeiten sucht und findet, über die man im Alltag nicht nachdenken
würde?
Wer denkt schon an Seifenblasen die nach oben
steigen?
Künstlerische Ideen, mitunter auch Phantastereien, treffen
auf kreative technische oder ganz besondere, fast schon ausgestorbene handwerkliche Berufe, wie den des Hutmachers. Es kommen seit Jahrhunderten innovative Prozesse in Gang, die beflügeln und am
Ende begeistern.
Mit Licht spielen. Das erfordert Kenntnisse der Elektrizität
und der Physik, der Optik und der Farbenlehre. Welcher Scheinwerfer kann welchen Effekt und wie richtet man ein Lichtpult ein, dass beim Auftritt der Sängerin der Effekt auch richtig kommt und
sie nicht im Dunkeln dasteht. Im Theater lässt es sich nur beim Proben wiederholen.
Der Bühnentischler baut Dekorationen. Von vorne Palast von
hinten Lattenkonstruktion. Leicht soll sie sein und schnell aufgebaut werden können. Aber unbedingt stabil sein und natürlich gut aussehen, niemals nach Dekoration.
Ein großer gemalter Hintergrund, ein Prospekt. Aus dem
Malsaal. Die Theatermalerin hat die Vorlage auf einer Postkarte bekommen und malt sie nun im Format 12 Meter mal 10 Meter als Bühnenvorhang.
Das kann keine Maschine. Technisch vielleicht, aber niemals
so dass beim Betreten des Saals das Publikum schon Ohhhausruft. Keine Maschine kann den künstlerischen Pinselstrich der Malerin
aus dem Handgelenk nachmachen. Gefühl, Intention und handwerkliches Können erst macht aus Stoff und Farben ein Kunstwerk.
Es benötigt aber viel mehr als Talent und Geschick. Welchen
Stoff kann ich so bemalen, dass er nicht faltig wird und welche Farben muss ich wie anmischen, dass der Glanz ganz wie auf der Karte ist? So hätte es der Bühnenbildner gerne.
Der Bühnenbildner denkt sich die Gestaltung der Bühne aus,
spricht mit der Regisseurin über den Inhalt des Stücks, entwickelt ein Konzept und baut ein Modell im Maßstab. Er fertigt Zeichnungen und Skizzen an und nähert sich einem künstlerischen Ziel, bei
dem hohe Kenntnisse der Gestaltung, der Architektur und der Abläufe eines Theaters notwendig sind.
Alle diese Berufe haben eine Berechtigung an diesem
speziellen Ort, auch wenn das reale Leben draußen immer auch anders funktioniertund auf Effektivität getrimmt ist. Nicht immer schöner. Schon lange nicht glücklicher.
Jede Kunst hat eine eigene Sprache und die ihr allein geeigneten Mittel – der abstrakte innere Klang ihrer Elemente. In diesem abstrakten inneren Klang ist keine dieser Sprachen durch eine andere zu ersetzen. So ist jede abstrakte Kunst von allen anderen grundsätzlich verschieden. Darin liegt die Stärke des Theaters.
Wassili Kandisky
Über 50 unterschiedliche Berufe finden sich in einem modernen
Theaterbetrieb vom traditionellen Handwerk bis zum hochtechnisierten Medienspezialisten.
Wie kommt man ans Theater? Wer bildet aus udn wie sieht meine
berufliche Perspektive aus? Ist ein Theater ein sicherer Arbeitsplatz und welche Entwicklungsmöglichkeiten habe ich?
Die komplette Bandbreite zu beschreiben ist fast nicht
möglich. Mit dem vorliegenden Sonderheft wollen wir einzelne Berufe des Kreativortes anhand persönlicher Betrachtungen beschreiben und Lust darauf machen, in dieser innovativen Welt ein
berufliches Zuhause zu finden. Wir wollen einige Fragen beantworten und vor allem Interesse an unserer Arbeit wecken.
Theater ist Heimat.
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